Aachener Zeitung, 15.10.2003
Würselen. Das war gute Werbung für den Chorgesang. Erstmalig wurde das
Vier-Chöre-Konzert vom gastgebenden Männergesangverein Linden-Neusen in der
ehemaligen Klosterkirche in Broich veranstaltet. Durch ihre gute Akustik erwies
sie den Chören bei ihren unterschiedlichen und vielseitigen Darbietungen wertvolle
Dienste. Obwohl es sich nicht um einen Sängerwettstreit handelte, liefen die Chöre
unter ihren souveränen Dirigenten zur Hochform auf. Davon konnte auch Bürgermeister
Werner Breuer neben einigen Ratskollegen ein eindrucksvolles Bild gewinnen.
Mit "Musik ist die Mathematik der Gefühle", einem Zitat aus dem "Spiegel" unserer
Tage, hieß der Vorsitzende des gastgebenden Chores, Siegfried Palm, sowohl die
zahlreichen Besucher als auch die nicht minder zahlreichen Aktiven der Chöre
willkommen. Durch den von Rolf Wendler, dem Dirigenten des gastgebenden Chores,
komponierten "Sängergruß" wurde das Tor zu einem sang- und klangvollen Abend
weit aufgestoßen.
Der MGV Linden-Neusen erwies zunächst dem Komponisten der Romantik schlechthin,
Franz Schubert, seine Reverenz. Mit großem Einfühlungsvermögen intonierte er
"Die Nacht", das Hirtenlied "La Pastorella" und "Im Abendrot", eine Hommage an
die schöne Welt und ihren Schöpfer. Dazu lieferte die MGV "Orphea" Bardenberg,
erstmalig unter neuer dem Dirigat von Willy Beckers, mit dem "Chor der Priester"
aus Mozarts "Zauberflöte" den ersten Kontrast. Begleitet von Peter Grauer am
Klavier stellte er seine Vielseitigkeit mit "Verheißung" und "Das klinget so
herrlich", leichtfüßig dargeboten, unter Beweis.
Volkstümlicher Schlusspunkt
Eine weitere Seite des Chorgesanges schlug der MGV Weiden auf, auch er erstmalig
unter neuer Stabführung. Unter Henry Radermacher stellte sich bei den geistlichen
Gesängen ein harmonischer Klangkörper vor. Auch bei seinem volkstümlichen Auftritt
im zweiten Programmteil machte er unter seinem neuen Dirigenten Appetit auf mehr.
Keine Frage: Der MGV ist zu neuen Ufern aufgebrochen! Seine Klasse stellte der
MGV "Liederkranz", der im vergangenen Jahr seinen Meisterchortitel verteidigen
konnte, ein weiteres Mal unter der bewährten Stabführung von Ando Gouders unter
Beweis. Pointiert gestaltete er die Wiedergabe der beiden Silcher-Lieder "Der
Lindenbaum" und "Das Herz". Bei "Zu Lauterbach" spielte der Dirigent nur so mit
seinen Stimmen, rhythmisch betont und abgesetzt. Dann der voluminöse "Jägerchor"
aus Webers Oper "Der Freischütz" unter Rolf Wendler. Das ehemalige Gotteshaus
hallte wider von 130 Stimmen, am Ende noch einmal beim "Frohen Sängermarsch" von
J.Christ, mit dem sich die Chöre verabschiedeten.
Im zweiten Programmteil spannte der "Liederkranz" den Bogen des Chorgesanges
überzeugend vom russischen "Otsche Nasch" (Vater Unser) über das Spiritual "Nobody
knows" bis hin zu dem chormusikalischen Lehrstück "Rossiniana". Der "Kranz" wartete
mit einer stimmlich akrobatischen Meisterleistung auf, an dem die Konzertbesucher
ihre helle Freude fanden. Die slavische Volksseele zum Schwingen brachte die
"Orphea" mit einem Potpourri von Karl Wahl. Den volkstümlichen Schlusspunkt setzte
der Gastgeber mit dem romantischen Lied "Drei Zigeuner", dem amerikanischen Titel
"Die Rose" und der russischen Volksweise "Jascha spielt auf". Alles in allem ein
Gemeinschaftskonzert, das nicht zuletzt durch seinen Facettenreichtum die Zuhörer
in seinen Bann zog.